Montag, 13. Oktober 2014

Sprachlos


Dazu fällt mir als erstes die Kurzgeschichte "Mein Schweigen" von Duvanel ein, über ein Mädchen, das sich weigert, zu sprechen.
Zum Stundeneinstieg kan ich schweigend in die Klasse, habe die Fragen meiner Schüler ignoriert, sie mit einer Handbewegung zum Begrüßen aufgefordert und nur "Mein Schweigen" an die Tafel geschrieben. Die Schüler haben von alleine begonnen zu spekulieren, warum ich mich weigere, zu sprechen. Auch die Aufforderung zum Vorlesen der Geschichte, die sie bis dato nicht kannten, funktionierte schweigend. Erst, als sie abgleichen sollten, welche ihre Spekulationen über mein Schweigen auch auf die Protagonistin zutreffen könnten, musste ich wieder sprechen, weil sie nur mit Gesten und Unterstreichen nicht darauf kamen, was sie tun sollten - das war nach 20 Minuten.

20 Minuten schweigend vor 30 Dreizehnjährigen. Und bei Weitem nicht so hart wie ich dachte. Hatte bei der Planung Angst, dass sie über Tische und Bänke gehen würden - sind sie aber nicht. Nicht mal in Ansätzen. Die situation, dass da vorne jemand steht, der einfach mal nichts sagt, war scheinbar so unerwartet, dass sie das Quatschen darüber vergaßen.

Aber im Ernst - das auf Dauer durchhalten? Nicht schreien können, wenn sich die Frustration aufstaut? Mich nicht mehr bedanken können, wenn man mir etwas Gutes tut (was mich zu meiner gestrigen Frage zurückbringt)? Irgendwie würde es gehen. Frust, Dankbarkeit, alles würde wohl neue Ausdrucksformen finden. Aber Unterrichten wäre wohl nicht mehr drin. Das geht mal 20 Minuten. Aber nicht länger.

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